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Computer-Simulationslabor

Verarbeitungsebenen MROM (Grainger & Jacobs, 1996)

Verarbeitungsebenen MROM (Grainger & Jacobs, 1996)

Erkennungsmechanismen des MROM (Grainger & Jacobs, 1996)

Erkennungsmechanismen des MROM (Grainger & Jacobs, 1996)

Im Computersimulationslabor des D.I.N.E. werden mentale Prozesse wie z.B. die Gedächtnisleistung oder Prozesse der visuellen Worterkennung mittels komputationalen Modellen und künstlicher neuronaler Netzwerke simuliert.

Komputationale Modelle können als heuristische Werkzeuge betrachtet werden, die die Frage nach dem "Wie" von mentalen Prozessen beantworten. Sie stellen Tools dar, die Einsicht geben können in das Funktionieren von komplexen kognitiven Systemen. Sie können helfen zu erklären, wie ein spezifisches psychisches Phänomen möglich ist, und alternative Erklärungen falsifizieren.

Simulationen von komputationalen Modellen liefern also Hinweise darauf, wie mentale Prozesse funktionieren können (z.B. phonologische Enkodierung in der visuellen Worterkennung), aber nicht notwendigerweise wie diese  funktionieren müssen oder tatsächlich funktionieren. In Bereichen, in denen eine exakte mathematische Analyse schwierig oder nicht möglich ist, können Simulationen quantitative Forschung unterstüzten (Estes, 1975; Grainger & Jacobs, 1998; Jacobs & Grainger, 1994).

Simulationsmodelle

Aktuelle Simulationsmodelle teilen viele basale Komponenten. Ein ankommendes Signal wird detektiert, modifiziert und über Verbindungen zu weiteren Verarbeitungseinheiten weitergeleitet, wenn ein bestimmter Schwellenwert überschritten wird. Einheiten in den Modellen sind durch erregende und hemmende Verbindungen verbunden. Die Aktivierung der Einheiten wird über Verbindungen zwischen diesen übertragen und erlaubt so die Interaktion zwischen verschiedenen Einheiten.

Verbindungen können mono- oder bidirektional sein. Im Falle der Überschreitung des Schwellenwertes wird die proportionale Aktivierung zu allen verbundenen Einheiten weitergeleitet. Eine Aktivierung, die über erregende Verbindungen übertragen wird, erhöht die Aktivierung in den Empfängereinheiten genauso wie eine Aktivierung über hemmende Verbindungen diese reduziert. Einheiten, Verbindungen zwischen Einheiten und übertragene Aktivierungen sind basale Bestimmungsstücke der meisten komputationalen Modellen.

Die Art und Weise, wie Modelle aufgebaut sind, ist inspiriert durch neurophysiologische Befunde: Einheiten im Modell simulieren dabei das Verhalten von Neuronen und Verbindungen das Verhalten von Axonen und Dendriten. Aktivierungswerte spiegeln den chemo-elektrischen Zustand der Neurone wider. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Modellierung und neurophysiologische Realität nicht identisch sind: Modelle nutzen zwar neuro-physiologisch inspirierte Prinzipien bleiben aber Modelle.

MROM

Ein Beispiel für komputationale Modellierung ist das Multiple Read-Out Model (MROM) der visuellen Worterkennung (Grainger & Jacobs, 1996). Das MROM enthält Detektoren für Merkmale von Buchstaben, für Buchstaben und Wörter. Diese sind über hemmende und erregende bidirektionale Verbindungen verbunden. Aktivierung fließt entlang dieser Verbindungen in beiden Richtungen und erlaubt diesen zu interagieren. So ist es möglich, dass bottom-up und top-down Prozesse zur visuellen Worterkennung beitragen.

Auf der Merkmalsebene des MROM werden zu Beginn der visuellen Worterkennung die Merkmale von Buchstaben eines dargebotenen Stimulus aktiviert. Die Detektion der Merkmale führt dann auf der Buchstabenebene zur Erkennung von Buchstaben. Das Erkennen von Buchstaben-Clustern erlaubt die Erkennung von Wörtern im mentalen Lexikon.

Worterkennungsmechanismen im MROM

Die Erkennung eines Wortes ist im MROM durch drei implementierte Mechanismen möglich:

Der Identifikationsmechanismus (M-Kriterium) bezieht sich auf die Aktivierung einer einzelnen lexikalischen Wortrepräsentation. Ein präsentierter Stimulus löst dieses Kriterium aus, wenn ein exakter Match zwischen Stimulus und gespeichterter Repräsentation erreicht wir. Der Stimulus wird als ein spezifisches Wort identifiziert.

Der Schnellratemechanismus (Sigma-Kriterium) beruht auf der Vertrautheit der Stimuli. Im Gegensatz zum Identifikationsmechanismus beruht der Schnellratemechanismus auf der summierten lexikalischen Aktivierung über alle Wortrepräsentationen (Jacobs, Graf, & Kinder, 2003). Das Sigma-Kriterium ist flexibel und veränderbar. Die Überschreitung dieses Kriteriums spiegelt keine direkte Identifikation eines Wortes wieder, sondern signalisiert, dass es sich wahrscheinlich um ein Wort handelt.

Der Abbruchmechanismus (T-Kriterium) signalisiert das Ende der Verarbeitung eines Inputs. T- und Sigma-Kriterium variieren abhängig von der summierten Aktivität im Lexikon zu einem spezifischen Zeitpunkt. Die summierte Aktivität stellt dabei ein Maß für die Wortähnlichkeit dar. Ist die summierte Aktivität hoch, so wird das T-Kriterium erhöht und das Sigma-Kriterium gesenkt, sodass eine Erkennung erleichtert wird.

Labor

Ein Nahziel im Simulationslabor des D.I.N.E. ist die Modellierung physiologischer Reaktionen, die mittels Elektroencephalografie (EEG), funktioneller Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) und funktioneller Magnet-Resonanz-Tomografie (fMRT) registriert werden können.