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Imagination der Leidenschaft - leidenschaftliche Imagination: Shakespeares Affektpoetik (309)

Projektleitung:

Das Projekt untersucht die Dramen und Gedichte Shakespeares und nimmt dabei den Grenz- und Übergangsbereich von Passion und Imagination in den Blick. Sein Ziel ist die Ausarbeitung einer Shakespeareschen Affektpoetik.

Zwei Bereiche sollen in ihrem Zusammenhang erkundet werden: (1) die frühneuzeitlichen Affektregimes mit besonderer Aufmerksamkeit auf vernachlässigte neuplatonische Bestände und (2) die textuelle Affektmodellierung in den Texten Shakespeares. Beide Bereiche werden nach dem Verhältnis befragt, das in ihnen zwischen historisch-kultureller Codierung von Gefühlen und Ansprüchen auf universale Geltung eingerichtet wird.

Eine zentrale Funktion kommt dabei der Imagination (phantasia, imaginatio) zu. Sie ist seit ihren antiken Anfängen umstrittener Teil der historischen Matrix und zugleich konstitutiv-produktive Dimension ästhetischer Wirkung bis in die Gegenwart. Aus dieser Perspektive wird in der Vielfalt der historischen Codierungen (etwa in der Fakultätenlehre seit Aristoteles’ De anima) nicht nur ein relativierender Faktor gesehen, sondern es wird ihnen auch die Artikulation systematischer Geltung zugetraut. Umgekehrt geht die Untersuchung der Wirkungsästhetik nicht von einem überzeitlichen, ‚humanistischen’ Effektpotential der Texte aus, sondern liest diese in ihrer Beziehung zu Vorgaben zeitgenössischer Rhetorik und Poetik.

Der Blick auf die Imagination in ihrer prekären Grenzlage in der Fakultätenlehre führt zu einer durchgängigen Doppelung der Untersuchung: Sie forscht nach den historisch artikulierten Modi einer Rationalität der Imagination gerade in ihrer Nachbarschaft zur Passion einerseits und zum Intellekt andererseits. Zugleich fragt sie nach den poetischen Textualisierungen und passionierten Modifizierungen affektdiskursiver Vorgaben bei Shakespeare. Welche Art Leidenschaft lenkt die Poesie? Welche Affekte vermag sie unter welchen historischen Bedingungen auszulösen? Welcher Art sind die Einsichten, die sie kraft ihrer imaginativen Strukturierung bereithält?

Publikationen

Lobsien, V. (2014, im Druck). Reflections: Imagination. Perler, D. (Ed.). The Faculties: The History of a Concept. Oxford: Oxford University Press.

Lobsien, V. (2014, im Druck). Vergeudung. Zur Affektpoetik in Shakespeares Tragödien. Grosse, M., Bender, N., Schneider, S., Münchberg, K. (Eds.). Ethos und Form der Tragödie. Heidelberg: Winter.

Lobsien, V. (2014, im Druck). Shakespeares Affektpoetik. von Koppenfels, M., Zumbusch, C. (Eds.). Handbuch Literatur und Emotionen. Berlin: de Gruyter.

Lobsien, V. (2013). The Ruins of Melancholy in Sterne’s Tristram Shandy. Vieweg, K., Vigus, J., Wheeler, K. (Eds.). Shandean Humour in English and German Literature and Philosophy. London: Legenda (Modern Humanities Research Association and Maney Publishing). 31-47.

Lobsien, V. (2013). Topik und Tropik der Imagination: Revisionen frühneuzeitlicher Seelenlehre in Spensers "Cantos of Mutabilitie“. Höfele, A., Müller, J.-D., Oesterreicher, W. (Eds.). Die Frühe Neuzeit. Revisionen einer Epoche. Berlin: de Gruyter. 255-282.

Lobsien, V. O., Lobsien, E. (2011). Poetische Anschaulichkeit in der englischen Literatur zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert. Schmitt, A., Uhlmann, G. (Eds.). Anschaulichkeit in Kunst und Literatur. Wege bildlicher Visualisierung in der europäischen Geschichte. 357-401. Berlin: De Gruyter.

Lobsien, V. O. (2011). Stewed phrase and aesthetic effect in Shakespeare’s Troilus and Cressida. Received wisdom and its functions in the reflection, management, and performance of passion. Johnston, A. J., Kempf, E., West-Pavlov, R. (Eds.). Performing the Poetics of Passion: Oxford University Press.