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Emotion und Sprachverarbeitung über die Lebensspanne (319)

Projektleitung:

Die allgemeine emotionale Zuwendung, insbesondere der emotionale Gesichtsausdruck und die emotionale Sprachmelodie, bieten wesentliche Hinweisreize für die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten.

Die allgemeine emotionale Zuwendung, insbesondere der emotionale Gesichtsausdruck und die emotionale Sprachmelodie, bieten wesentliche Hinweisreize für die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten, wie z.B. die Sprachentwicklung im Kindesalter. Bei der Emotionsverarbeitung zeigen Kinder und junge Erwachsene einen so genannten Negativ-Bias, d.h. sie wenden negativen emotionalen Reizen eine größere Aufmerksamkeit im Vergleich zu positiven oder neutralen Reizen zu.

Die besondere Salienz negativer Emotionen könnte evolutionär begründet sein, im Sinne eines Bedrohungssignals, welches erhöhte Alarmbereitschaft auslöst. Entsprechend der evolutionären Hypothese sollte die erhöhte Aufmerksamkeit für negative Emotionen ein angeborener Prozess sein, der ab dem Alter beobachtbar ist, ab dem das Kind Emotionen wahrnehmen und diskriminieren kann.

Ziel dieses Projektes ist es, die Entwicklung der Interaktion von Emotion und Sprachverarbeitung über die Lebensspanne vor dem Hintergrund der evolutionären und kulturellen Entwicklung der Emotionen besser zu verstehen. Es soll ein interdisziplinärer und multimethodischer Ansatz zur Anwendung kommen, in dem psychophysikalische Methoden (Herzrate, Eye-Tracking) sowie vaskuläre (NIRS) und elektrophysiologische (EEG) Methoden in unterschiedlichen Probandenpopulationen miteinander kombiniert werden. Ereigniskorrelierte Potentiale (EKPs) eignen sich sehr gut, um Aufmerksamkeitsmodulation in verschiedenen Altersgruppen zu untersuchen, wohingegen das vaskuläre Signal eine zusätzliche Lokalisation der Verarbeitungsprozesse erlaubt.

Sollte die (evolutionäre) Funktion des Negativ-Bias eine Fokussierung der Aufmerksamkeit in Gefahrensituationen sein, erwarten wir eine Modulation der frühen EKPs in der Sprachverarbeitung während der Verarbeitung verschiedener emotionaler Gesichtsausdrücke — mit einer größeren Amplitude für negative als für positive oder neutrale Emotionen. Eine Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die Sprachreize oder andere Umgebungsreize sollte also nur bei negativen Emotionen, nicht jedoch bei anderen (unbekannten oder evolutionär weniger salienten) Emotionen auftreten. Zudem soll die Kulturabhängigkeit des Negativ-Bias in verschiedenen Kulturkreisen untersucht werden.

Kooperation

In Kooperation mit der von Michaela Riedinger geleiteten Max-Planck-Forschungsgruppe Affekt im Lebensverlauf" (Projekt: Kulturvergleich mit den ≠Akhoe Hai//om) am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin. 

Publikationen

Rossi, S., Jürgenson, I. B., Hanulikova, A., Telkemeyer, S., Wartenburger, I., Obrig, H. (2011). Implicit processing of phonotactic cues: Evidence from electrophysiological and vascular responses. Journal of Cognitive Neuroscience 23 (7). 1752-1764. doi:10.1162/jocn.2010.21547

Friederici, A. D., Wartenburger, I. (2010). Language and brain. Wiley Interdisciplinary Reviews: Cognitive Science 1 (2). 150-159.

Obrig, H., Rossi, S., Telkemeyer, S., Wartenburger, I. (2010). From acoustic segmentation to language processing: Evidence from optical imaging. Frontiers in Neuroenergetics 2 (13). doi: 10.3389/fnene.2010.00013

Telkemeyer, S., Rossi, S., Koch, S.P., Nierhaus, T., Steinbrink, J., Poeppel, D., Obrig, H., Wartenburger, I. (2009). Sensitivity of newborn auditory cortex to the temporal structure of sounds. Journal of Neuroscience 29 (47). 14726-14733.

Wartenburger, I., Steinbrink, J., Telkemeyer, S., Friedrich, M., Friederici, A. D., Obrig, H. (2007). The processing of prosody: Evidence of interhemispheric specialization at the age of four. Neuroimage 34 (1). 416-425. IF 2007: 5.457

Wartenburger, I., Heekeren, H. R., Burchert, F., Heinemann, S., De Bleser, R., Villringer, A. (2004). Neural correlates of syntactic transformations. Human Brain Mapping 22 (1). 72-81. PMID: 15083528

Cannestra, A. F., Wartenburger, I., Obrig, H., Villringer, A., Toga, A. W. (2003). Functional assessment of Broca's area using near infrared spectroscopy in humans. Neuroreport 14 (15). 1961-1965. PMID: 14561929

Wartenburger, I., Heekeren, H. R., Abutalebi, J., Cappa, S. F., Villringer, A., Perani, D. (2003). Early setting of grammatical processing in the bilingual brain. Neuron 37. 159–170.

Wartenburger, I., Heekeren, H. R., Burchert, F., De Bleser, R., Villringer, A. (2003). Grammaticality judgments on sentences with and without movement of phrasal constituents - an event-related fMRI-study. Journal of Neurolinguistics 16 (4-5). 301-314. doi:10.1016/S0911-6044(03)00028-9