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Tabu und Emotion. Inzestthematik in narrativen Texten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit

Über Inzest spricht man nicht - man erzählt von ihm. Konstitutive Bestandteile eines Erzählens über das, "worüber man nicht sprechen darf", sind Emotionen, die als Schnittstellen im narrativen Syntagma fungieren.

Projektnr.: G 308

Nora Hagemann

Inzest ist ein kulturelles Tabu und zugleich ein ausgesprochen produktives Motiv in der Literaturgeschichte von der Antike bis in die Moderne. In dem Dissertationsprojekt soll der Zeitraum von 1200-1600 untersucht werden: Aus historischer Perspektive tangieren die Inzestverbote dieser Zeit zunächst primär Fragen des Eherechts, der Sündhaftigkeit und der Buße.

Ganz anders wird das Thema in der Literatur verhandelt: Hier wird von Liebe erzählt, von Trauer und Leid, Angst und Scham, Neid und Zorn. Emotionen, so die Leithypothese des Projekts, besitzen eine zentrale Funktion in der narrativen Gestaltung, der normativen Ausrichtung, der Kommunikation der Figuren sowie auf Ebene der Rezeption.

Vorrangiges Ziel der Arbeit ist, einen Katalog der mit dem Inzest verknüpften Gefühle zu erstellen. Leitende Fragen sind: Welchen Emotionen begegnen wir, welchen Anlässen, Ausdrucksmustern und Verlaufsformen? Wie wird von diesen Emotionen, die mit einem Verstoß gegen das Inzest-Tabu einher gehen, erzählt? Wie wird auf diskursiver Ebene, in Figurenrede und Erzählerkommentaren über sie reflektiert? Welche Funktionen üben sie im Handlungsverlauf aus?

Disziplin

Germanistische Mediävistik

Betreuer

Prof. Dr. Ingrid Kasten

PD Dr. Martin Baisch