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Ästhetische Modulation affektiver Valenz. Die Lust am Ekelhaften, Traurigen und Ärgerlichen in der ästhetischen Erfahrung (205)

Kunst gelingt es häufig, negative Emotionen Teil einer lustvollen Erfahrung werden zu lassen. Das Projekt versucht experimentell Evidenz für dieses scheinbar paradoxe Phänomen zu liefern.

Woher rührt die Lust am Ekel im Horrorfilm? Weshalb geben sich viele Zuschauer genießend den traurigen Momenten des Melodrams hin? Warum kann unter den künstlerischen Voraussetzungen einer Theaterperformance sogar Ärger lustvoll erlebt werden? Kurzum: Warum bereiten uns negative Emotionen in der Kunst häufig Vergnügen? Unser interdisziplinäres Forschungsprojekt geht diesen scheinbar paradoxen Fragen auf den Grund.

In einer Reihe von psychologischen Experimenten werden wir den Effekt der "ästhetischen Modulation affektiver Valenz" anhand der negativen Emotionen Ekel, Traurigkeit und Ärger empirisch zu untermauern versuchen. Gegenstand der Untersuchung werden so unterschiedliche künstlerische Praktiken wie Fotografie, Film, Theaterperformance und Kunstinstallation sein. Dabei erheben wir behaviorale und physiologische Maße. Neben Fragebögen und peripherphysiologischen Messungen kommen auch neurowissenschaftliche Methoden (fMRT) zum Einsatz.

Indem wir die Ergebnisse unserer Experimente mit der komplexen, bis zu Aristoteles zurückreichenden ästhetischen Debatte in den Geisteswissenschaften zusammenführen, versuchen wir das Paradox der Lust an negativen Gefühlen in der ästhetischen Erfahrung aufzulösen. Unsere Befunde könnten wichtige Anstöße für die derzeit in der empirischen Psychologie und der analytischen Philosophie geführte Debatte um "ästhetische Emotionen" liefern.

Publikationen

Hanich, J., Wagner, V., Shah, M., Jacobsen, T., & Menninghaus, W. (im Druck). Why We Like to Watch Sad Films. The Pleasure of Being Moved in Aesthetic Experiences. Psychology of Aesthetics, Creativity and the Arts. doi: 10.1037/a0035690.

Menninghaus, W. (2011). Wozu Kunst? Ästhetik nach Darwin. Berlin: Suhrkamp.

Hanich, J. (2011). Toward a Poetics of Cinematic Disgust. Film-Philosophy 15 (2), 11-35.

Hanich, J., & Menninghaus, W. (2011). Im Wechselbad der Gefühle. Zur Emotionsvielfalt im filmischen Melodram – eine Mikroanalyse. Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 56. 175-201.

Hanich, J. (2010): Collective Viewing. The Cinema and Affective Audience Interrelations. Passions in Context. The Journal for the History and Theory of Emotions 1 (1).

Hanich, J. (2010). Cinematic Emotion in Horror Films and Thrillers. The Aesthetic Paradox of Pleasurable Fear. New York: Routledge.

Klein, J. (2010). Emotionstheater? Forum Modernes Theater 25 (1). 77–76.

Hanich, J., Pauleit, W. (Eds.) (2010). Über das Lachen im Kino und im Film. Special Edition of: Nach dem Film, Nr. 12 (October): www.nachdemfilm.de.

Jacobsen, T. (2010). Beauty and the brain: culture, history and individual differences in aesthetic appreciation. Journal of Anatomy 216. 184–191.

Menninghaus, W. (2010). Hakike. Aru kyoretsu na kankaku no riron to rekishi. Tokyo: Hosei University Press. Japanische Übersetzung von: Ekel. Theorie und Geschichte einer starken Empfindung

Hanich, J. (2009). Dis/Liking Disgust. The Revulsion Experience at the Movies. New Review of Film and Television Studies 7 (3). 293-309.

Menninghaus, W. (2009). Wstret. Teoria i historia. Krakau: universitas. Polnische Übersetzung von Menninghaus, W.: Ekel. Theorie und Geschichte einer starken Empfindung.